Freitag, 9. Oktober 2015

Wenn Zwei zusammenarbeiten...

von:
Gabi Mett

Vor gar nicht langer Zeit habe ich hier von einer besonderen Zusammenarbeit berichtet. Nun möchte ich gerne von einem künstlerischen Austausch und einer intensiven Gemeinschaftsarbeit berichten.

Ich habe im Jahr 2013 den Art Quilt Award des Museum Nordwolle in Delmenhorst gewonnen. Dies beinhaltet den Ankauf der Arbeit durch das Museum, die Teilnahme an der Jurierung des kommenden Awards und eine eigene Ausstellung in der Turbinenhalle des Museum, gleichzeitig mit den Wettbewerbsarbeiten. Da das Thema des neuen Wettbewerbs „Metamorphose“ lautete, kam mir die Idee, diese Ausstellungsmöglichkeit zu nutzen, um mit meinem Mann Robert Horn gemeinsame Werke auszustellen. Wir haben seit Ende der achtziger Jahre immer wieder gemeinsam Arbeiten konzipiert. Begonnen hat alles mit „Tao te king“.


Detail aus " Tao te king"
 
 
Wir hatten unterschiedlichste Papiere gesammelt. Auf kleinen Quadraten entstanden Zeichnungen von meinem Mann. Ich habe mit diesen Zeichnungen weitergearbeitet. Ich suchte nach Lösungen, das Papier nicht zu zerstören und auch nicht durch die Zeichnungen zu nähen. So entstand die Idee der Überleger aus Tüll. Auch sieht man in dieser Arbeit zum ersten Mal eine Mischung aus Hand- und Maschinenquilten.

Im Jahr 2002 kam es dann zu einer ersten großen Ausstellung mit gemeinsam geplanten und ausgeführten Werken. Das Thema lautete Venedig.


San Marco, Zeichnung  auf Seide, Malen, Sticken, Quilten, 64 x 88 cm
 
 
Zeichnungen und Malereien auf Stoff wurden von mir zu Quilts in unterschiedlichen Größen weiterverarbeitet. Außerdem entstanden eine Reihe von interessanten Collagen. Nach einem solch intensiven Austausch ging jeder wieder seine eigenen künstlerischen Wege.

Das Thema Metamorphose tauchte bei meinem Mann aber immer wieder in Zeichnungen auf, wobei er auf das Buch „ Die Metamorphosen“ von Ovid Bezug nahm. Diese Zeichnungen beeindruckten mich so, dass ich den Wunsch hatte, mit seinen Zeichnungen weiterzuarbeiten. Es entstanden wiederum in unregelmäßigen Abständen gemeinsame Werke.Zweimal konnten wir den ersten Preis auf der Quiltshow in Birmingham für einen Zwei-Personen -Quilt erzielen.


Beziehungen, 1.Preis beim Quiltfestival in Birmingham
 
 
Das hat uns natürlich sehr gefreut, trotzdem ist jeder wieder seinen eigenen Weg gegangen. Ab und zu entstanden Collagen, auch hin und wieder ein Quilt.


Papiercollage, bemalt, gestickt, gewebt
 
 
Papiercollage, gezeichnet, genäht, gewebt
 
 
Keyx und Akyone


Zeichnungen zu der Arbeit "Völker aus Stein", Robert Horn
 
 

Auswahl von Material
 
 

Auswahl von Material
 
 
Mittlerweile hatte mein Mann begonnen, mit der Maschine und von Hand zu sticken. Ich fand das sehr überzeugend und ermunterte ihn, unbedingt weiterzumachen. So malte er in diesem Beispiel auf Leinwand und stickte dann von Hand intensiv weiter.


Malerei auf Leinwand, Stickerei, Robert Horn
 
 
Für Delmenhorst planten wir nun einerseits eine Rückschau auf unserer gemeinsamen Werke, aber auch neue Arbeiten zum besagten Thema. Da es sich wieder um das Buch des Ovid drehen sollte, begann ich es auch zu lesen, kam aber nicht so recht von der Stelle. Lieber ließ ich mir von meinem Mann die Geschichten erzählen. Er empfahl mir dann das Werk von Christof Ransmeier „ Die letze Welt“, das sich ebenfalls auf Ovid bezieht. Hier war der Einstieg für mich einfacher. Da mich Worte und Sätze sehr stark inspirieren, wartete ich auf ebensolche Auslöser in diesem Text. Es fand sich ein Textfragment mit textilem Bezug:

“Und aus dieser Wildnis ragten Steinmale auf, dutzende schlanker Kegel, Mannshoch die größten, die kleinsten reichten Cotta kaum bis zum Knie. An den Kegelspitzen flatterten stoffähnliche Fetzen in allen Farben, es waren in Streifen geschnittene und gerissene Kleider und als Cotta an eines der kleineren Steinmale herantrat, sah er, dass die Fähnchen Schriftzeichen trugen, alle waren sie beschrieben. Sachte zog er an einem blaßroten, gebleichten Streifen. Der Stoff war so zwischen die Steine geflochten, daß der Kegel zerfiel, als er das Fähnchen an sich nahm, um es zu entziffern. Die Steine kollerten einige von den Wurzeln einer Kiefer gesprengte Stufen hinab und Cotta las: „Keinem bleibt seine Gestalt“.

Das war meine Inspiration, mein Startpunkt. Das sollte mit in den Titel der Ausstellung. Immer wieder haben wir uns zusammengesetzt und über die weitere Vorgehensweise nachgedacht. Wir kamen zu dem Schluss, dass mein Mann erst einmal mit Malerei und Zeichnung auf Stoff beginnen sollte. Alte Leinenstoffe boten eine gute Grundlage für die Malerei. Einzelne Porträts wurden von ihm mit der Nähmaschine oder von Hand bestickt. Es entstand eine Reihe von Bildern, die ich nun wieder zur Verfügung hatte für die weitere Verarbeitung.


Malerei und Stickerei auf Wildseide, Detail, Robert Horn
 
 

Malerei und Stickerei auf Leinen, Detail, Robert Horn
 
 
Die Idee der faltbaren Wandobjekte, die seit einiger Zeit im Mittelpunkt meiner künstlerischen Auseinandersetzung stehen, wollte ich in diesen Arbeiten fortsetzen. Außerdem war es mir wichtig, die Werke farblich nicht zu laut werden zu lassen, auch auf die Gefahr hin, dass sie sich nur schwer in der Turbinenhalle behaupten können. Für mich stand darum erst einmal die Frage nach einer Aufteilung, nach einem möglichen Raster im Mittelpunkt. Außerdem mussten noch technische Probleme gelöst werden. Es folgten Experimente mit alten, dünnem Papier, mit Übermalung, Drucken und Schreiben. Da war ich vom Textilem erst mal weit entfernt. Und im Skizzenbuch wurden mögliche Flächengestaltungen festgehalten, Berechnungen durchgeführt und wichtige technische Erkenntnisse dokumentiert.


aus meinem Skizzenbuch
 
 

Schriftübung aus meinem Skizzenbuch
 
 
Diese Ergebnisse wurden wiederum mit meinem Mann diskutiert und wenn nötig, mit seinen Ideen und Vorstellungen abgestimmt. So entstanden nach und nach die ersten Arbeiten.


Detail, gemalt, gestickt, genäht, gepatcht
 
 

Detail, gemalt, gezeichnet, gestickt, genäht, gepatcht
 
 
Währen dessen griff mein Mann noch eine weitere Geschichte aus der Antike auf: Die Odyssee. Es entstand ein dreiteiliges Werk, das auf vielen kleinen Einzelbildern diese lange Reise erzählt.


Detail, gemalt, gestickt, genäht, collagiert

 
Die vier Elemente, Feuer, Wasser, Luft, und Erde, die an vielen stetigen Veränderungen beteiligt sind, sollten auch noch in dieses Konzept eingebunden werden.


Detail, gemalt, gestickt, genäht, gepatcht
 
 
Die weitere Ausarbeitung und Fertigstellung lag nun wieder in meinen Händen. Zeitgleich begann mein Mann mit dem Layout zu der Publikation „Metamorphosen“. Texte wurden ausgewählt, Zeichnungen und Ausschnitte aus den bereits fertigen Arbeiten ausgewählt.


Zeichnung, Robert Horn
 
 

Malerei, Robert Horn
 
 
Es entstand so nach und nach das erste neue Heft unter der Rubrik „Edition Spielraum“. In dieser Edition möchten wir in Zukunft einmal im Jahr Bilder, Texte und Ideen zu einem bestimmten Thema zusammentragen und veröffentlichen. Es wird in einer kleinen Auflage von 200 Exemplaren erscheinen.


Titel der neuen Veröffentlichung
 
 
Unsere Arbeit ist nun abgeschlossen und die Ergebnisse dieser intensive Zusammenarbeit über 8 Monate werden nun im Museum Nordwolle in Delmenhorst ab dem 23.Oktober 2015 zu sehen sein. Dann nämlich findet um 19 Uhr die Vernissage statt. Wir sind sehr gespannt auf die Reaktionen der Besucher.

Mit dieser Ausstellung wird neben unserer Eröffnung auch die Verleihung des Quilt Awards 2015 vorgenommen und die ausgewählten Artquilts präsentiert.

Sie sind herzlich eingeladen.

3 Kommentare:

  1. Liebe Gabi, herzlichen Dank für diesen Einblick in eure Zusammenarbeit. Da wäre ich gern mal ab und an einfach als stille Zuhörerin dabeigewesen, um eine kleine Vorstellung davon zu haben, wie so etwas abläuft. Und dieser Beitrag erhöht die Spannung auf die Werke in der Ausstellung, die ich auf alle Fälle besuchen will. Vielleicht sehen wir uns? Herzliche Grüße Anette

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  2. Sehr interessante Kombination von Arbeiten! Ich versuche auch seit langem meine Zeichnungen mit Textilien zu verbinden und finden eure Werke sehr gelungen! Hoffentlich zeigst du auch noch ein bisschen von der Ausstellung. Ich kann sie leider nicht besuchen.

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  3. Hallo zusammen,

    ja, es ist schon etwas ganz besonderes, eine solche Zusammenarbeit. Und ich bin sehr gespannt, wie die Arbeiten in der Ausstellung aufgenommen werden.

    Liebe Anette, ich weiß noch nicht, ob ich am Samstag noch anzutreffen bin. Sollten wir uns nicht sehen, wünsche ich Dir viel Spass bei der Entdeckungsreise.

    herzliche Grüße Gabi

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